
Künstliche Intelligenz im Immobilien-Asset-Management
– Michael Hülsbusch, Geschäftsführer, REDEFINE Asset Management GmbH –
Potenziale und Herausforderungen
Die Immobilienbranche gilt nach wie vor als vorsichtig bei der Einführung neuer Technologien – insbesondere KI wurde lange kaum genutzt1. Doch inzwischen erfasst eine digitale Innovationswelle das Immobilien-Asset-Management. Aktuelle Studien zeigen: Viele Unternehmen haben erkannt, dass Künstliche Intelligenz (KI) ein Gamechanger sein kann, um Prozesse zu automatisieren und komplexe Entscheidungen zu verbessern2.
Silos und Schnittstellen: Wenn Systeme und Abteilungen nicht vernetzt sind
Ein zentrales Problem im Immobilien-Asset-Management sind die immer noch nicht ausreichend vorhandenen Schnittstellen zwischen den diversen IT-Systemen und Abteilungen. Wichtige Daten liegen oft in Silos – getrennten Datenbanken oder Excel-Listen einzelner Teams – und werden nicht effizient ausgetauscht. Ineffiziente Schnittstellen bremsen somit die digitale Transformation.
Die Folgen spüren wir Asset-Manager im Alltag: Wir verbringen unverhältnismäßig viel Zeit damit, Daten aus verschiedenen Quellen zusammenzutragen und zwischen Tools zu wechseln. Ein stark fragmentiertes Systemumfeld erschwert den Gesamtüberblick über Portfolio-Performance, Mieterdaten oder Marktinformationen. Abstimmungen zwischen erfolgen oft ad-hoc per E-Mail statt über integrierte Plattformen. Diese Medienbrüche kosten Zeit und erhöhen das Fehlerrisiko. Eine solide Datenverfügbarkeit und -struktur herzustellen, bleibt daher die zentrale Aufgabe, um die Potenziale der Digitalisierung – und speziell von KI – voll nutzen zu können. Mit anderen Worten: Erst wenn Datensilos aufgelöst und Schnittstellen sauber definiert sind, kann KI ihr volles Mehrwert-Potenzial im Unternehmen entfalten.
Herausforderungen: Fragmentierte Daten und manuelle Prozesse
Die Prozesse im heutigen Asset Management sind oft kleinteilig und manuell. Reports werden noch in Excel erstellt, Mietverträge manuell durchsucht. Solche Auswertungen sind zeitintensiv und fehleranfällig. Gleichzeitig sind Informationen zu Objekten, Mietern oder Verträgen häufig über verschiedene Systeme verstreut – oder sogar nur physisch vorhanden. Das erschwert fundierte Analysen.
KI-Potenziale: Weniger Komplexität, schnellere Entscheidungen – mehr menschliche Stärken
Trotz der genannten Probleme bietet der Einsatz von KI enorme Potenziale, um die operative Komplexität im Asset Management zu reduzieren und die Entscheidungsfindung zu beschleunigen. KI-Systeme können große Datenmengen in kurzer Zeit analysieren, Muster erkennen und Prognosen erstellen, wofür ein Mensch Tage brauchen würde. So lassen sich z. B. Investitionsentscheidungen beschleunigen, indem KI-Tools Markttrends, Objektkennzahlen und Risiken in Echtzeit auswerten. In der Praxis wurden durch KI-gestützte effizientere Betriebsmodelle bereits über 10 % höhere Nettoeinkünfte (Net Operating Income) bei Immobilienportfolios erzielt – ein Beleg für die wirtschaftlichen Vorteile smarter Algorithmen.
Wichtig ist: KI ersetzt nicht den Menschen, sondern ergänzt ihn. Sie übernimmt Routinetätigkeiten, während Mitarbeitende sich auf Aufgaben konzentrieren, die Empathie, Dialog und strategisches Denken erfordern. Branchenexperten sprechen vom „Copilot“-Modell: KI agiert als Assistent, nicht als Autopilot. Auch große Beratungen betonen: „We see AI as a valuable human enhancement, not a replacement.“3 KI liefert etwa Handlungsvorschläge oder weist frühzeitig auf Risiken hin – die Entscheidung bleibt beim Menschen.
Mehr als Technologie: Verantwortung, Transparenz und sozialer Mehrwert
Bei allen technischen Möglichkeiten darf man jedoch eines nicht übersehen: Technologische Innovation allein reicht nicht aus. Damit KI im Asset Management nachhaltig Erfolg hat, müssen Verantwortung, Transparenz und ein sozialer Mehrwert zentrale Leitplanken sein. KI-Einführungen ohne klare Strategie und ethische Grundsätze können Vertrauen verspielen – etwa wenn Algorithmen Entscheidungen treffen, deren Gründe niemand nachvollziehen kann.
Fazit: Smarte Algorithmen und verantwortungsvolles Handeln als Zukunftsmodell
Die Zukunft des Immobilien-Asset-Managements kann maßgeblich von KI mitgestaltet werden. Smarte Algorithmen können die fragmentierten Datenberge der Branche in wertvolle Entscheidungsgrundlagen verwandeln und operative Abläufe radikal verschlanken. Sie ermöglichen schnellere, fundiertere Entscheidungen – von Investitionsstrategien bis hin zum täglichen Objektmanagement. Gleichzeitig zeigt sich: Technik ist kein Selbstläufer. Um KI-Potenziale auszuschöpfen, müssen Unternehmen organisatorische Voraussetzungen schaffen und ein klares Wertefundament etablieren. Nicht die KI allein, sondern die weise Kombination aus Algorithmus und Verantwortung wird zum Schlüssel für nachhaltigen Erfolg im Immobilien-Asset-Management der Zukunft.
Quellen:
1McKinsey (2023): https://www.mckinsey.com/industries/real-estate/our-insights/generative-ai-can-change-real-estate-but-the-industry-must-change-to-reap-the-benefits
2Digitalisierungsstudie 2024 von ZIA und EY Real Estate
3JLL Research Report: „Artificial Intelligence: Real Estate Revolution or Evolution?“
Dieser Artikel wurde zuerst im FondsForum Magazin 2025 veröffentlicht.